Ein paar Worte zur herzoffenen inneren Haltung bei allen spirituellen Übungen:
Es geht um Liebe! Sie ist immer unverfügbar. Nicht leistungsabhängige Selbstoptimierung, sondern ein Hineinwachsen in den geglaubten Liebesraum ist Weg und Ziel.
"Das Wesentliche des Gebetes vollzieht sich
vor allem in einem großen Schweigen." frère Roger Schutz von Taizé
Ich bin wie ein Reisender am Bahnhof. Ich warte dringend und sehnsüchtig auf den Zug.
Ohne ihn bin ich verloren. Aber er wird kommen, ich darf es wissen. Ich bleibe.
Aber es gibt keinen Plan und keine Uhr.
Keine Macht dieser Erde, keine Methode oder Trick zwingt ihn her. Vielleicht kommt auch alles ganz anders?
Kurz-Übungen im Alltag
Morgenübung
Noch im Bett, auf der Bettkante oder an meinem Gebetsplatz:
Ich atme die Liebe: Ein und aus.
Tauche tief in ihren Lebensstrom:
Geströmt werden und strömen.
Ich lasse meine Zunge auf den Mundboden sinken.
In meinem ganzen Körper, vom Scheitel bis in die Zehen- und Fingerspitzen und in meiner ganzen Hautoberfläche spüre ich mein Blut in diesem Strom fließen.
Von dort, aus tiefstem Herzen, spreche ich mein Wort in den Tag:
Zu Dir, meiner Großen Liebe selbst,
zu mir, ungetrennt und unvermischt mit ihr,
in mein Heim, mein Land,
in die eine Welt, unser Universum:
"ICH LIEBE DICH."
Ich gehe in den Tag. Ich halte mein Wort.
Ich versuche es, übe es, immer neu – um Gottes willen!
Ich höre und sehe die Ant-Wort von Allem und Allen:
ICH LIEBE DICH.
Von manchen Menschen vielleicht nicht. Noch nicht.
Zwischendurch
Ich bin da.
Ich atme Liebe. Ein und aus.
„Ich liebe Dich.“- In alle Welt, ohne Ausnahme.
Abendübung
Schon im Bett, auf der Bettkante oder an meinem Gebetsplatz:
Ich atme die Liebe: Ein und aus.
Tauche tief in ihren Lebensstrom:
Geströmt werden und strömen.
Ich lasse meine Zunge auf den Mundboden sinken.
In meinem ganzen Körper, vom Scheitel bis in die Zehen- und Fingerspitzen und in meiner ganzen Hautoberfläche spüre ich mein Blut in diesem Strom fließen.
Ich kann nicht fassen, was mich alles bewegt.
Was jetzt da ist, spreche ich oder atme ich ohne Worte aus.
Ich lasse mich von der Matratze tragen.
Ich gebe mich vertrauensvoll der Nacht hin
und überlasse alles der großen Liebe.
Meditation am Tag - Stilles Beten
Raum und Zeit entscheiden. Bewusst beginnen.
Mich spüren vom Scheitel bis zur Sohle.
Dasein.
Liebevoll wahrnehmen, was sich zeigt -
und alles sein lassen.
Alles Meine ersehnen - und mich überlassen.
Alles für möglich halten - und nichts mehr wollen wollen.
Die Liebe wirken lassen.
Jetzt hier in mir, einatmen und ausatmen.
Geströmt werden und verströmen.
Bleiben und warten.
Bewusst enden.
Herzoffen bleiben: "ICH LIEBE DICH."
Dann alles gut machen.
Nach dem Text „Kontemplation“, Johannes Lieder, herzoffen, Seite 128, © Echter Verlag, Würzburg 2017
Eine Gebetspraxis
Eine Anleitung zum „Gebet der Liebe“
Ich suche mir eine Zeit, einen Ort und eine Körperhaltung, wo ich entspannt und auch wach und aufmerksam für etwa 20 bis 30 Minuten ungestört da sein kann.
Ich entscheide mich, jetzt ganz hier zu sein und ziehe mich äußerlich und innerlich zu mir selbst zurück. Ich mache mir die grundlegende Bedeutung dieser Zeit jetzt für meine Seele und auch für das Heil der ganzen Welt bewusst, mit der ich verbunden bin.
Mit meiner ganzen Sehnsucht und Bedürftigkeit öffne ich mich der Fülle der Liebe.
Ich setze nun ein Zeichen des Beginnens, indem ich eine Klangschale anschlage und im Verklingen ankomme oder ein Kreuzzeichen mache oder auch ein universales Zeichen der Liebe, das Herzzeichen:
Dazu lege ich die Handflächen vor meiner Brust aneinander, führe dann beide Hände langsam senkrecht nach oben, dann auseinander und in einem weiten herzförmigen Bogen wieder nach unten mit den Fingerspitzen zusammen auf meinem Schoß. Mit dieser Bewegung kann ich das Wort verbinden: „Ich öffne mich der Liebe, die mich erfüllt ...“, dann „... mich umhüllt ...“ und am Ende „... und mich trägt.“
Ich kann dies auch in der Du-Anrede ausdrücken.
Ich nehme nun auch innerlich Platz, nehme mir meinen Platz, und lasse mich nieder.
Ich kehre bei mir ein, indem ich die Augen schließe.
Ich kann mir sagen:
Ich bin jetzt hier.
Ich muss nirgendwo anders sein, nichts anderes denken, nichts anderes tun, nichts leisten.
Ich nehme mich zunächst im Ganzen wahr, so wie ich jetzt da bin.
Ich spüre, wie ich körperlich da bin...
und wie ich innerlich gestimmt bin...
Ich brauche nichts zu verändern, nur wahrnehmen. Alles darf sein.
Wenn es für mich passt, kann ich an dieser Stelle auch ins Wort bringen, was mich bewegt, was mir auf dem Herzen liegt, was ich ersehne ... und mich so der Liebe öffnen...
Um noch tiefer und leibhaftiger da zu sein, kann ich meinen Körper im Einzelnen wahrnehmen –
in liebevollem Wohlwollen:
Ich beginne bei meiner Leibmitte und spüre meinen Beckenraum in seiner ganzen Weite, von innen nach außen: die Haut, die Kleidung, den Kontakt zur Unterlage.
Es ist wichtig, nicht nur dorthin zu denken, sondern dort zu sein und das jeweilige Körperteil selbst spüren zu lassen, so wie es jetzt geht.
Von meinem Becken wandere ich mit dieser Wahrnehmung in die Oberschenkel... dann spüre ich weiter meine Beine hinunter, die Knie … die Waden … die Achillessehnen … die Fersen …
dann die Fußsohlen entlang … bis nach vorn zu den Zehen … und Zehenspitzen.
Ich bin verwurzelt in dem Grund, der mich trägt.
Ich bleibe in diesem Bodenkontakt und gehe nun mit meiner Wahrnehmung ans andere Ende meines Körpers, an den Scheitelpunkt an der höchsten Stelle meines Kopfes, spüre die Kopfhaut, die Haare...
Aufgerichtet, aufrecht, aufrichtig bin ich geöffnet nach oben ins Weite und Freie, das mich umhüllt.
Von dort spüre ich nach vorn zu meiner Stirn … die Augenbrauen ... die Augenhöhlen … den Nasenrücken ... die Wangenknochen … die Lippen … die Zunge ... Sie kann sich auf den Mundboden ablegen, wenn es mir möglich ist.
Dann spüre ich mein Kinn … den Hals … über die Schlüsselbeine zu den Schultern … die Oberarme … Ellenbogen … Unterarme … Handgelenke … Handflächen … bis zu den Fingern … und Fingerspitzen.
Jetzt gehe ich mit meiner Wahrnehmung noch einmal hinauf zu meinem Hinterkopf, dort wo der Kopf von der Wirbelsäule getragen wird und meine ganze Wirbelsäule spürt sich, Wirbel für Wirbel, langsam hinunter, die Halswirbel … die Brustwirbel … die großen Lendenwirbel … bis zum Kreuzbein, das sich wie eine handtellergroße Schale nach vorn öffnet … und schließlich dem Steißbein.
So bin ich wieder angekommen in meinem weiten Becken- und Bauchraum.
Dort spüre ich meinen Atem, wie er jetzt kommt und geht … kommt und geht … ganz von allein … Nur wahrnehmen, wie er jetzt ist, nicht eingreifen, nichts verändern wollen … Ich habe diesen Atem nicht gemacht. Er fließt in mir wie ein Geschenk … aus... und ein ... Ein göttliches Geschenk, das mich jederzeit, jeden Moment und jeden Tag begleitet und wohlwollend am Leben erhält. Dieses Liebesgeschenk nehme ich mit dem Einatmen in mich auf, es fließt durch meinen ganzen Körper vom Scheitel bis zur Sohle, in die Fingerspitzen und in jede Zelle …
Und ich gebe es mit dem Ausatmen wieder hin...
Ich lasse dieses Atmen geschehen.
In herzlicher Offenheit atme ich dieses göttliche Liebesgeschenk ein … und atme es in liebevoller Hingabe wieder aus... Ein Hauchen und Gehauchtwerden… Ein Strömen und Geströmtwerden…
Ich nehme mir jetzt noch etwa 10 bis 20 Minuten Zeit, insgesamt möglichst nicht über 30 Minuten, für diese Gebetsübung in Stille.
Ich bleibe gelassen, unverkrampft, aber auch liebend aufmerksam.
Ich lasse den Atem einfach so kommen und gehen wie er sich zeigt und beeinflusse ihn nicht.
Aufkommende Gedanken und Empfindungen nehme ich liebevoll wahr - so lange wie es für mich stimmig ist … und lasse sie geduldig, vielleicht mit einem Lächeln, immer wieder los, lasse alles sein und überlasse mich dem liebenden Wirken in meiner Tiefe, indem ich zu der Übung zurückkehre:
Liebe mit dem Einatmen freudig empfangen … Liebe mit dem Ausatmen beglückend hingeben … selig empfangen ... liebevoll hingeben ...
ein ... aus ... selig ... liebevoll ...
Wenn die Zeit vorüber ist, atme ich noch einmal bewusst in diesem Sinne ein und aus, beginne mich langsam zu strecken und zu räkeln, wenn mir danach ist und kann dann mit meinem Anfangszeichen auch wieder bewusst enden.
Wenn ich das Herzzeichen gemacht habe, kann ich nun gleichsam rückwärts mit den Händen in meinem Schoß beginnen: „Ich lebe in der Liebe, die mich trägt … die mich umhüllt … und erfüllt.“
So habe ich am Ende die Handflächen wieder aneinandergelegt vor meiner Brust und kann mit dem wunderbaren hinduistischen „Namasté“-Gruß in einer Verbeugung diese Zeit beenden:
„Das Göttliche in mir grüßt das Göttliche in euch (seien es Mitmeditierende oder meine Mitmenschen, die ganze Menschheitsfamilie) und in allen Dingen!“
>> Hier unter "Hören" auch eine Audio-Anleitung von mir dazu
Zum Hören
Audios von mir:
Meditative Stilleübung zur Sammlung, etwa 8 Minuten
Anleitung zum Gebet der Liebe, etwa 13 Minuten
Gebet der liebenden Aufmerksamkeit, etwa 8 Minuten