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01.10.2021
Eigentlich wollte ich über die aktuellen katholischen Kirchenereignisse schreiben. Über die unsäglichen Interventionen des Papstes, sämtliche Kölner Missbrauchsvertuscher in Amt und Würden zu belassen. Und über eine bedauerliche Bischofskonferenz, von der wenige Tage vor einer epochal wichtigen Bundestagswahl keinerlei positive oder gar visionäre Signale ausgehen.
Doch dann kam diese Nachricht. Ganz anders, aus unserem privaten Bereich.
Wir hatten mal wieder und immer mehr einen wunderbaren Urlaub in unserem geliebten provencalischen Ort Joucas verlebt mit seinem zauberhaften Licht und dem vollkommenen Charme Jahrhunderte gewachsener Häuser und Landschaften. Dort hatten wir ganz frisch einen Freund gewonnen mit seiner sympathischen Frau. Er ist Ökobauer, in dessen Hofladen wir des Öfteren einkaufen und ihn kennen und schätzen gelernt haben. Zufällig wollte er zur selben Zeit ganz in der Nähe von Joucas auch Urlaub machen und wir tauschten die Telefonnummern aus, um uns evtl. in Frankreich erstmals privat zu treffen. So kam es dann wirklich. Wir begegneten uns wie alte Freunde und verbrachten einen sehr angeregten Nachmittag auch mit seiner Frau auf unserer herrlichen Ausblicksterrasse - Siehe das erneuerte Titelbild dieser Internetseite.
Nun fanden wir uns gerade wieder im Kölner Alltag ein.
Da kam am letzten Freitagmorgen diese SMS von seiner Frau.
Er sei tot. Am Donnerstagnachmittag nach einem Herzinfarkt aus heiterem Himmel verstorben.
Manchmal ist das Leben so brutal. Dieser besondere Mensch einfach von ihr, von uns gerissen. Eine aufkeimende Freundschaft zerfetzt. Kaum erkannt, geliebt, ist er wieder fort, endgültig.
Das sitzt nun wie ein übel schmerzender Stachel im Fleisch der bewegenden Urlaubserinnerungen.
Jetzt fällt mir ein Gedicht von Rilke dazu ein:
„Wie hab ich das gefühlt was Abschied heißt.
Wie weiß ichs noch: ein dunkles unverwundnes
grausames Etwas, das ein Schönverbundnes
noch einmal zeigt und hinhält und zerreißt.
Wie war ich ohne Wehr, dem zuzuschauen,
das, da es mich, mich rufend, gehen ließ,
zurückblieb, so als wärens alle Frauen
und dennoch klein und weiß und nichts als dies:
Ein Winken, schon nicht mehr auf mich bezogen,
ein leise Weiterwinkendes -, schon kaum
erklärbar mehr: vielleicht ein Pflaumenbaum,
von dem ein Kuckuck hastig abgeflogen.“
Ihn schon wieder loslassen, sein lassen: Was für eine ungeheuerliche Zumutung des Lebens. Eine steile Herausforderung der Liebe.
Er war 66 Jahre alt, wollte gerade von seiner langjährigen Arbeit zurücktreten und in einen neuen Lebensabschnitt starten. Wir hatten noch über die Flüchtigkeit des Lebens gesprochen, dort, eine Woche vor seinem Tod.
So viel Wut, so viele Fragen, so viele Botschaften schießen ein.
Warte nicht zu lange. Sei achtsam und liebevoll. Löse Dich. Nimm Dich nicht zu wichtig. Lebe jetzt. Treffe nüchtern Deine Entscheidungen.
Wovon lebst Du? Was nährt Dich wirklich? Was suchst Du noch in Deinem Leben? Was willst Du verwirklichen? Wie willst Du leben und wo, in der Zeit, die Dir noch bleibt. Warte nicht zu lange…
Da komme ich dann doch wieder zurück auf die Kirchenmänner, die an ihren Ämtern kleben:
Das Loslassen ist nicht ihres. Das memento mori, die Selbstrelativierung und letzte Freiheit im Angesicht des je größeren Geheimnisses des Lebens als das Wesentliche einer geistlichen Existenz erreicht sie nicht. Sie haben den unerbittlichen Ruf des Lebens nicht gehört und ihre Ohren der Stimme der Liebe verschlossen. Ihre Autorität ist verspielt und sie merken es nicht.
Der Papst hätte die Chance gehabt, den Einflussbereich dieser Multiplikatoren von seelentoxischer Spiritualität zu minimieren. Ich komme aus dem Kölner Erzbistum. Ich kenne ihr menschenverachtendes Wirken aus diesen sogenannten geistlichen Erneuerungsbewegungen Opus Dei und Neokatechumenat heraus.
Doch der Papst hat es nicht getan. Angeblich zählt er auf Kardinal Woelki, ja baut auf ihn.
Dann wanken die Fundamente. Und wir sind mit dieser Kirche(nleitung) am Ende.
Umso mehr:
Bleiben wir herzoffen!
Mit ebensolchem Gruß von Johannes Lieder
Köln, den 1. Oktober 2021
Johannes Lieder - 17:34 | 1 Kommentar
Lieber Johannes Lieder,
ja, genau das ist es, was Sie nach dem Tod Ihres neu gewonnenen Freundes empfanden und sich fragten und was auch ich mich vermehrt frage: Wofür willst du noch Leben? Was willst du noch erreichen? Was ist dir wichtig noch zu lernen, zu ändern, zu tun? Auf was kannst/willst du in Zukunft verzichten? Wieviel an Mut und Ehrlichkeit sind von dir gefragt in dieser vielleicht kurzen letzten Phase, die dir bleibt …
- Manchmal ist mir schon gar nicht mehr so wichtig, in welches “Fettnäpfchen” unsere Amtskirche noch tritt. Aber mir bleibt es ein überaus wichtiges Anliegen, dass die Botschaft Jesu nicht verloren geht, denn sie vermittelt uns das Vertrauen in einen liebenden Schöpfer-Gott und ist uns Wegweiser für unseren Weg durch die irdische Zeit.
Vielen Dank für diesen bewegenden Impuls!
Hannelore
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Lieber Johannes Lieder,
ja, genau das ist es, was Sie nach dem Tod Ihres neu ge…
Danke für diesen und den vorherigen Artikel! Beide machen Mut!
Wäre unser K…
Bete ich und schaue was sichtbar wird.
Danke für den Impuls
Danke für diesen Impuls.
Hatte gestern ein Tag mit vielen Schatten, welche sic…
Ich begann mit der Suche nach “IHM” während der Krankheit meines Mannes. - Ich …
Herzlichen Dank für Ihr Mitgehen!
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